Köln | Am 3. September ruft Stephanie Thiersch/Mouvoir, anlässlich 30 Jahre Kölner Philharmonie zum City Dance Köln auf. Der 13-stündige Performance-Parcours führt Zuschauer und Beteiligte von der einen Rheinseite auf die andere, vorbei an zahlreichen Orte und Unorten der Stadt: Vom Rheinpark in das Oberlandesgericht, durch den Eigelstein bis zum Bahnhofvorplatz wird Köln Bühne und Schauplatz für kollektiven Tanz, Musik und Interventionen aus sämtlichen Kunstsparten. Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang zum Tanz quer durch die Stadt. Mit dabei sind über 400 professionelle und nicht-professionelle Tänzer und Musiker, Orchester, Chöre und Kölner Bürger.

Der City Dance Köln ist das erste Community-Projekt dieser Art in Deutschland. Er wird von einer Initiative der Kulturstiftung des Bundes, dem Tanzfonds Erbe, gefördert. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und Oberbürgermeisterin Henriette Reker sind Schirmherrinnen. Bei kostenlosen Tanz- und Bewegungs-Workshops können Interessierte schon jetzt Teil des City Dance Köln werden und sich auf den Tag vorbereiten.

Zum Programm

Alle frühen Vögel haben die Möglichkeit sich bei Sonnenaufgang einer Wanderung aus Kalk, Poll, Rodenkirchen oder Nippes in den Rheinpark anschließen – zu den Touren aus dem Linksrheinischen gehört auch eine Rheinüberquerung im Boot. Im Rheinpark findet ab 9 Uhr die „Morning Class“ statt, ein Bewegungstraining mit Yoga und einem „Planetary Dance“. Anschließend geht es mit der Seilbahn über den Rhein.

An vielen Orten wie dem Freibad der Claudiustherme oder dem Dach des Zoo-Parkhauses ist der City Dance mit Installationen und Performances präsent. Von Riehl aus bewegt sich die Parade mit mehreren Zwischenstopps Richtung Oberlandesgericht. Dort erlebt man im eindrucksvollen Eingangsbereich mit seiner außergewöhnlichen Akustik die 20minütige Performance „Torso Modi“– mit Tänzern von Mouvoir, dem Asasello Quartett, Ensemble Garage, Chor und der ukrainischen Sängerin Mariana Sadovska.

Weiter geht es auf der Riehler Straße mit einer gesungenen Kundgebung von Tanzdemonstranten, die von einer generationenübergreifenden Parade begleitet werden. Der Ebertplatz lädt im Anschluss zu einem großen, bunten Picknick ein: Jugendliche, Senioren, Menschen mit und ohne Migrationshintergrund, mit und ohne Einschränkung, die teilnehmenden Künstler, Laien, Studierenden, Schüler und vor allem die Anwohner – kurz: alle, die wollen – bringen ihr Lieblingsessen mit und geben anderen etwas ab. Gleichzeitig entsteht eine lebendige Papierskulptur während professionelle Tänzer und Hip-Hopper sich einen Tanzbattle – den „Battle of Peace“ – liefern.

Nach diesem größeren Stopp wird der Eigelstein zum Laufsteg der beteiligten Künstler. Gemeinsam mit den Zuschauern demonstrieren sie für kulturelle Vielfalt, Lebensvielfalt, Toleranz und Integration mit DJ Elephant Power und einer fahrenden Tanzkaraoke. Die Parade zieht bis zum Bahnhofvorplatz, dem großen Finale des City Dance. Das Sinfonische Blasorchester, der Polizeifrauenchor und 300 Mitwirkende verwandeln den Platz in eine harmonischen Tanzfläche, die mit einer gemeinsamen Choreografie „Dance for all“ endet. Man kann sie mithilfe eines kurzen Video-Tutorials unter vimeo.com/172929468 oder bei den Workshops lernen. Den City Dance gerade hier zu inszenieren, ist der künstlerischen Leiterin Stephanie Thiersch und ihrem Team besonders wichtig: „Wir verstehen diese Station im Sinne einer Befriedung der Vorkommnisse der Silvesternacht, einer Umdeutung dieses als Gefahrenzone verrufenen Ortes in Richtung eines harmonischen Miteinander.“

Zum Hintergrund

Der City Dance Köln ist angelehnt an die legendären City Dances der amerikanischen Tanzpionierin Anna Halprin. Sie fanden im durch politische Unruhen aufgeheizten San Francisco der 1960er und 70er Jahre statt und waren der Versuch, Tanz als kollektiven, demokratischen Prozess in seiner humanen und versöhnenden Kraft erfahrbar zu machen. Das Projekt möchte auch heute die Bedeutung und die Nachhaltigkeit kollektiver Bewegung betonen. Es will den typisch urbanen Problemen Migration und Gentrifizierung generell, und den Vorfällen der Kölner Silvesternacht und den darauf folgenden xenophoben Reaktionen im Speziellen, ein positives Ereignis entgegensetzen. Im Vorfeld wird der City Dance in verschiedenen Workshops von Tänzern, Musikern, Wissenschafltern, Jugendlichen, Kölner Bürgern, Migranten und Flüchtlingen vorbereitet.

Autor: ib